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Dodekanes Inseln

dodekanes 1

 

Alimnia,

wer kennt schon Alimnia? Eine kleine Insel westlich von Rhodos, türkisfarbenes Wasser, geschützte Buchten, kahle, felsige Berge, Olivenhaine, Ziegen, sowie die Ruinen eines Dorfes, dessen letzte Bewohner 1960 die Insel verlassen hatten.

Eine kriegerische Vergangenheit hat die Geschicke dieser 5 Quadratkilometer trockenen Felseninsel geprägt. Oben auf einem Berggipfel liegt eine Festung aus dem Mittelalter, die Insel diente als Vorposten für Rhodos, wechselnde Herren und Besatzungen, zuletzt die Italiener zwischen 1912 und 1944 und die Deutschen, die eine Tiefwasserbucht, die sich tief in die Insel hineinzieht als U Boot Hafen im zweiten Weltkrieg nutzten. Fünf englische Offiziere schlichen sich mit Hilfe von Einheimischen dort ein, wurden erwischt und hingerichtet nachdem Kurt Waldheim sie als Spione verurteilt hatte, obwohl sie in Uniform als Soldaten erkennbar waren. Diesem schrecklichen Juristen gereichte dieses nicht zum Nachteil solange er der Uno vorstand, erst als er österreichischer Präsident war wurde dieses Kriegsverbrechen öffentlich gemacht. Doch jetzt liegt Frieden über der Insel, wir sind für zwei Tage dort die einzigen Gäste, wandern, schnorcheln und faulenzen, genießen es wieder unterwegs zu sein nach den pattexartigen Tagen in Finike. Auf einer kleinen Landzunge liegt eine Kapelle mit hübschen Ikonen, einem sauberen Innenhof umgeben von einer mannshohen gekalkten Mauer, ein Anwesen das eine wunderschöne kleine Wohnung abgeben würde. Für uns kaum verständlich, dass dieser idyllische Ort unbewohnt geblieben ist, wo doch Rhodos mit einem Motorboot innerhalb von zwei Stunden erreicht werden kann. Da gibt es in den Ballungsräumen wie Athen Hektik, Enge, hohe Wohnkosten und hier nur wenige Stunden von Rhodos entfernt jede Menge Platz, Landschaft und gute Wohnmöglichkeiten. Irgendwann wird diese Insel sicher wieder bewohnt werden, dank Internet ist es ja auch möglich viele berufliche Tätigkeiten fernab der Metropolen zu erledigen, ein Sachverhalt der aber sicherlich noch weiter in das öffentliche Bewusstsein sickern muss bevor daraus eine  ganze Bewegung werden kann.

Die erste Nacht ankern wir in einer kleinen Bucht an der Ostseite der Insel, an sich guter sandiger Grund nur liegen leider Drahtgeflechte und Netzreste am Boden , so dass wir erst beim 4. Versuch den Anker sicher in den Grund bekommen. Zwei Fischer kommen noch zur Nacht herein, der Sonnenuntergang lässt die Küste von Rhodos erglühen.  Morgens  sind wir wieder alleine in der Bucht schnorcheln in dem glasklaren Wasser, machen einige Unterwasserphotos bevor wir ankerauf gehen und in die tief eingeschnittene Südbucht segeln. Dicht am Ufer ist ein alter Schwimmponton verankert, der sicheres Anlegen ermöglicht, der Grund ist ansonsten steinig, nur im Scheitelpunkt der Bucht befindet sich Sandstrand, doch dort hinein bläst zur Zeit ein kräftiger Südwestwind. Wir sind faul. An sich wäre wieder Schreiben angesagt und Bilder bearbeiten, aber die Worte wollen sich nicht einstellen, die Handwerkerwochen haben mich auf das Nageln des Diesels, auf spritzende Hydraulikschläuche fixiert, meine innere Aufmerksamkeit dreht sich noch darum ob in Werkstadt auch wirklich alle Schrauben fest angezogen werden, wie das Problem der Motorlagerung gelöst werden kann, alles Dinge, die jetzt erledigt sind aber immer noch im Kopf und im Herzen sind, sollte ich jetzt etwas schreiben wird daraus nur fader Unsinn. Also mal nichts tun, Seele baumeln lassen, auf dieser Insel zwischen den Ruinen umherwandern, sich vorstellen wie die Menschen hier früher gelebt haben. Sonne auf der Haut, Schatten unter Pinien und Olivenbäumen, Helga findet am Ufer eine alte Pinie, deren Stamm zu einer Liege krumm gebogen ist.In der kleinen Kapelle am Ufer befindet sich ein hübsch geschnitzter Drache, einer hier heimischen Echsenart nachempfunden. Die beiden Kapellen sind die einzigen erhaltenen Gebäude, bei den meisten anderen fehlt das Dach, sind Zwischengeschosse eingestürzt, doch das Gesamtensemble ist heimelig. Am Ufer liegt ein wrackes Fischerboot mit einem alten verrosteten Glühkopfdiesel der sicherlich schon über 70 Jahre alt ist. Die Farben des Bootes sind noch relativ frisch, mehr als ein Jahr kann es noch nicht hier liegen. Roststreifen laufen aus den Nähten, die Bronzeschraube hat eine grüne Patina, im Boot liegen noch eine Jacke und Turnschuhe, alles so als ob das Schiff bald wieder auf Reise gehen sollte. Nachmittags wird der Wind wieder frisch, eine französische Yacht läuft ein macht Kaffeepause und geht dann wieder ankerauf, mitten in der Bucht ist der Schutz dann doch nicht so gut; uns ist es recht, denn wir genießen es die Bucht für uns zu haben.

Chalki

Die morgendliche Überfahrt nach Chalki ist ruhig, der Wind schläft noch, erst am Nachmittag wacht Poseidon auf. Aus der Entfernung erscheint eine kahle Insel mit bräunlich-grauen Felsen, deren Charme sich erst beim Näherkommen erschließt. Oben auf dem Berg steht wieder eine mittelalterliche Burg, der Ort selber ist gepflegt, im Hafen gibt es sogar eine kleine Marina mit Schwimmstegen, Wasser und Strom zu moderaten Preisen. Das Städtchen ist leise, die Tavernen behaglich, nur wenn die Fähre kommt erwacht der Ort zum Leben. Doch zum Wochenende wird hier eine internationale dermatologische Konferenz stattfinden mit dreihundert Teilnehmern, da wird jedes Bett auf der Insel gebraucht werden. Ein Einheimischer entschuldigt sich bei uns für die zu erwartende Unruhe , nur wir merken davon fast nichts, die Tagungsteilnehmer sind offensichtlich so fleißig, dass sie im Ort kaum in Erscheinung treten. Chalki hat von der Uno einige Gelder erhalten um sich als Tagungsort zu profilieren, die meisten Häuser sind restauriert, nur wenige warten noch auf Rettung. Im Ort steht eine Kirche mit schönen schwarz-weißen Kieselmosaiken, im Kirchhof finden sich auch so heidnische Dinge wie Poseidons Dreizack mit Seepferdchen. Auf der Insel gibt es fast keine Autos, auch keine Mietwagen, hier ist Wandern angesagt. Am Hang des Berges auf dem die Burg steht sind noch die Reste der alten Stadt zu sehen, einige Häuser wurden wieder aufgebaut, auch sind Bemühungen zu sehen die alten Substanzen wieder zu beleben. Der Aufstieg zur Burg ist etwas mühsam, der Weg mit Geröll und steilen Felsen erfordert Aufmerksamkeit. Die Burg selber ist nicht so sonderlich spektakulär, doch der Blick von dort über die Insel über das Meer bis hin nach Rhodos ist grandios. Der Ritterorden von Rhodos hatte hier, wie auch auf Alimnia, Tilos und Nisiros Burgen und Stützpunkte die sich  untereinander mittels Lichtsignalen  verständigen konnten, was für die Meldung von Schiffbewegungen oder gar feindlichen Flotten lebenswichtig war. Aus byzantinischer Zeit sind in der Kapellenruine noch ikonographische Wandmalereien zu sehen, allerdings mit herausgekratzten Gesichtern , eine Untat die wir noch häufiger antreffen werden, denn die Osmanen hatten als gute Mohammedaner solcherlei Bilder regelmäßig zerstört, aufgehackt oder überputzt um die Räume dann als Moschee nutzen zu können. Der Rückweg in der Mittagshitze führt durch ein ausnahmsweise grünes Tal von dem aus der Ort von oben wie grün eingebettet darstellt.Am Ufer entdecken wir eine kleine Bucht mit einem abgeschirmten Felsenpool, der frei von Seeigeln ist, so dass wir hier unbehelligt ins Wasser können, sogar ein durchschwimmbarer Tunnel öffnet sich zum Meer hin.Den Nachmittag verbringen wir im Internetkaffee. Und wieder gefällt uns der Ort so gut, dass wir noch einen weiteren Tag verweilen.

Tilos

Mit etwas Bedauern und mit Neugier auf Tilos laufen wir morgens aus.Wir müssen aufkreuzen, der Wind kommt direkt von gegenan, aber die Strecke ist mit 25 NM an der Kreuz leicht zu bewältigen, die Twiga läuft wie auf Schienen. Zunächst ist gemütliches Segeln angesagt, Herumspielereien, wollen wir nicht doch mal ein Trapez takeln?  Es macht einfach Freude außenbords zu stehen den Wind und gelegentlich die Gischt der Bugwelle ab zu bekommen. Nur ohne Gurt ist diese Übung zu unsicher und recht ermüdend. Der Wind brist ständig weiter auf und beim Einlaufen in Livadhia auf Tilos pustet es schon mit 7 Beaufort. Der Hafen von Livadhia ist eine angenehme Überraschung. Die Hafenmeisterin, eine Deutsche aus Hamburg, weist uns ein, wir bekommen einen gut geschützten Platz neben einem Schweizer Ehepaar. Der Hafen wurde vor 5 Jahren ausgebaut, biete jetzt Platz für ca. 20 Yachten, hat Strom und Wasser am Kai, nette Tavernen, ein gepflegtes Ortsbild und nette Bewohner. All diese Wohltaten haben  mit dem Bürgermeister zu tun, der gleichzeitig der einzige Inselarzt ist und -völlig untypisch- rege um Subventionen und Fördergelder von Athen oder der EU kümmert um dann diese Gelder auch tatsächlich für die jeweiligen Projekte zu verwenden. So kamen die Insel und der Ort zu einer neuen Schule, dem Hafen, einer hübschen Promenade, neuen Straßen und Arbeitsplätzen in dem harmonisch wachsenden Individualtourismus.Im Ergebnis ist hier die Landflucht, bzw. die Inselflucht gestoppt, auf Tilos gibt es einen guten Anteil junger Menschen, als feste Einwohner sind ca. 450 Menschen gemeldet. Einige Ausländer, Engländer, Deutsche und Holländer haben sich hier Wohnungen und Häuser gekauft, ein Engländer betreibt am Hafen einen Auto und Motorrollerverleih, drei Supermärkte und eine Tankstelle können erstaunlicherweise von den paar Leuten hier leben.

Auf Tilos gibt es sieben mittelalterliche Burganlagen, sie alle waren Teil des Festungssystems von Rhodos. Wir mieten uns einen Motorroller für 15 € /24 Stunden. Der Vermieter, ein freundlicher Engländer hat auch eine kleine Bibliothek mit englischer, deutscher und französischer Literatur; jeder, der sein eigenes Buch ausgelesen hat, kann dieses gegen ein anderes kostenlos umtauschen. Die Fahrt über die Insel zeigt einen Hauch von Grün, niedrige Büsche und spärliche Gräser, nur selten sind Bäume zu sehen. Langestreckte Buchten, fast menschenleer, versteckte einsame türkise Sandstrände, Täler mit jetzt trockenen Flüssen in denen roter und weißer Oleander in dichten Büschen stehen, der weite Blick von den Berghängen über das Meer und über die Insel machen die Rundfahrt zu einem Genuss. Am nächsten Tag fahre ich mit dem Roller dreimal zum Bunkern von 50 Liter Diesel zur Tankstelle, die 2 Km außerhalb des Ortes liegt, dies ist hier gesetzlich vorgeschrieben wegen der Brandgefahr. Danach sind wir wieder unterwegs, lassen den Roller an unterschiedlichen Stellen stehen und wandern zu der aufgegebenen Altstadt zwei Kilometer vom Hafen entfernt, wo es neben dem ausgedehnten Ruinen der Stadt noch eine intakte Kirche, sowie eine Kapelle mit byzantinischen Wandmalereien gibt. Die Stadt selber war in mäßiger Hanglage mit Treppen und engen Gassen malerisch angelegt. In den dreißiger Jahren wurde dann der Hafen Livadhia angelegt und das meiste Leben kam herunter zur Küste. Mühltische mit den großen Mühlwalzen stehen vor den Häusern, was damit gemahlen wurde wissen wir nicht, wahrscheinlich Oliven, denn im überhöhten Rand ist eine Abflussrinne eingelassen. Ziegen und Katzen bewohnen die Stadt, nur wenige Häuser haben noch Dächer. Die Räume waren meist klein, länglich rechteckig, wenn es einen zweiten Stock gab, so war dieser durch außenliegende Treppen erreichbar, innen wäre dafür kein Platz gewesen. Ein anderes Highlight ist das Oleandertal im Süden der Insel auf das wir auf der Suche nach einem Zugang zu einer traumhaften Bucht stoßen, die wir vom Berg aus gesehen hatten. In das Tal führt ein frisch geebneter Weg, der an einer Viehtränke endet. Der Bachlauf, der zurzeit trocken ist wird von dichten rot blühenden  Oleanderbüschen gesäumt, die Felsen sind Ocker und hellgrau getönt, frische Büsche leuchten hellgrün, eine wahre Farborgie.

Dann steigen wir noch auf die zentrale Festungsanlage im Inneren der Insel, die auf den Resten einer antiken Akropolis erbaut wurde. Die antiken Steine sind noch gut zu erkennen, sie wurden sorgfältig behauen und zusammengefügt, im Mittelalter wurden eher roh behauene Steine mit Mörtel zu Mauern gefügt. Auch hier wieder ein fantastischer Fernblick. Auf dem intakten Kuppeldach der Burgkapelle bläst ein frischer Wind Kühlung zu, während das glatte Mauerwerk die Haut wärmt, da fehlt nur noch ein gekühltes Getränk! Aber auch so gibt es eine schöne Schmusestunde mit Fernblick auf heiligem Untergrund.

Abends im Hafen werden die Boote gesichert, es ist Meltemi mit Stärken bis zu 8 Beaufort angesagt und wenn der Wind von der Seite drückt kann es schon mal passieren dass die Last für die Mooringe zu groß wird, also werden die Schiffe nach Luv hin miteinander verbunden und über eine Trosse zum Land hin quer über das Hafenbecken gesichert. Zur Nacht besuchen wir irländische Nachbarn, ein feuchtfröhlicher Abend mit viel Gesang zur Gitarre, die Frau hat eine sehr gute Stimme, es macht Freude mit ihr zu singen oder auch nur zuzuhören.

Es ist schön und gemütlich hier, die Insel, der Hafen, die Gemeinschaft der Segler - und wir bleiben noch einen Tag und noch einen Tag. Unser nächstes Ziel ist sehr nah - die Insel Nyssiros.