Wüsten und Atlantiknebel
Wieder weckt uns die Sonne früh, zum richtigen Wachwerden tauchen wir noch in das kühle Wasser des Pools, dann füllen wir noch unsere Wasserflaschen, packen die Rucksäcke und weiter geht die Fahrt nach Lüderitz. Wir tanken noch beim Canyon Roadhouse, Tankstellen sind in diesem weiten Land rar und nach Lüderitz sind es über 400 km. Diesmal sitze ich am Steuer, es macht Spaß über die Piste zu brettern, anfangs war ich ein bisschen zögerlich und wir rumpelten so dahin, doch dann folgte ich Andreas Rat und fegte über die Querrillen hinweg, hinter uns eine dicke Staubfahne herziehend. Es dauert noch 50 Km bis wir wieder eine asphaltierte Straße erreichen. Wir sind fast alleine auf der Piste, die seltenen Begegnungen mit anderen Fahrzeugen kündigen sich schon von weitem durch die weiße Fahnen aus Pistenstaub an. Die Sandpiste zieht durch eine endlose Ebene, die wir mir unseren Augen nach Tieren abtasten, diesen Morgen haben wir Glück. Wir sehen Antilopen grasen, schöne elegante Tiere. Wir fahren immer gerade aus, die sanften Kurven und Senken sind durch Verkehrsschilder weit im Voraus angekündigt. Auf einem Schild steht Löwe, auf einem anderen Schild Schnepfe, aber das sind die Namen für Flüsse, deren Flussbetten jetzt trocken. In Seeheim kommen wir auf eine Asphaltstraße, immer geradeaus, es ist heiß der Asphalt flimmert, eine Bahnlinie und Telegraphenmasten begleiten parallel die Straße, dann das weite Land, Sand, kleine silbergrüne Büsche, in der Ferne braune Berge. Solche Weite kenne ich nur aus Western-Filmen, schön und spannend. Immer wieder gibt es etwas zu entdecken, ein Windrad, das auf einen Brunnen hinweist, Ziegen, in einer Senke grüne Baumkronen ein paar rote Dächer, noch 100 km bis zum nächsten Ort, der Aus heißt. Unsere Augen sind immer auf der Suche nach Tieren, wir freuen uns, Gazellen und Strauße zu sehen. Wir fahren über das Huib-Hochplateau, rote Erde, zartgelbe Grasbüschel und in der Ferne das Rot der Nanib Wüste. Rinder grasen hier, zwei Farmen passieren wir am Straßenrand. Sie sind 50 Km voneinander entfernt, es ist ein weites Land, dessen karge Vegetation nur wenig Bewirtschaftung zulässt. Es riecht nach Regen, dann fallen für 5 Minuten dicke Tropfen.
Der Ort Aus liegt auf einer Kuppe mit Aussicht in die Weite der Wüste, 120 km bis Lüderitz, wir durchfahren das Diamanten-Sperrgebiet, eine endlose Steppenlandschaft, die gleitend in die Sandwüste übergeht, im Hintergrund braunrosa Berge, schnurgerade verläuft die Straße, die Farben der Landschaft ändern sich, erst hellgelbes Steppengras, dann rote Erde mit grünen Polstern, dann graue runde Felsen und Sand, erst rot, dann beige. Immer dichter wird die Wolkendecke, es wird kühl, wir erreichen Lüderitz an der Atlantikküste.Eine kurze Fahrt durch den Ort zur Orientierung. Bunt angemalte Häuser, blau, rot, lila, grün, gelb, alle Farben sind vertreten, das Stadtbild zeigt noch viele Bauten im Stil der deutschen Kolonialzeit, dazwischen auch moderne Bauten, besonders an der Waterfront. Etwas außerhalb der Stadt ein Vorort mit flachen Bauten, Wohnort der Arbeiter, auch diese sind bunt wie die der Innenstadt. Im Gegensatz zu dieser lebhaften Farbenwelt ist der Ort seltsam still. Wenig Menschen auf den Straßen, nur die zwei Hauptstraßen sind asphaltiert, ansonsten im Stadtkern und außerhalb nur Sandstraßen. Die wenigen Leute auf den Straßen machen einen freundlichen Eindruck, alles ist verschlafen. Heute ist samstagnachmittags, die Geschäfte machen um 13:00 zu, auch sonntags haben außer den zahlreichen Kirchen nur die eine Tankstelle und Restaurants geöffnet. Es geht zu wie Anfang der fünfziger Jahre in Deutschland und Österreich.
Große Miessmuschelschalen hat der Wind bis zu 100 Meter weit ins Innere getragen, die Felsen am Ufer sind rund geschliffen, hier müssen häufiger starke Stürme die Küste treffen. Wir wandern weiter nach Agatha Beach mit seinen Grillplätzen, die trotz des kühlen Wetters von gemischtrassigem Publikum belegt sind. Das Atlantikwasser ist kühl, etwa 19°, der Wind allerdings noch frischer.
Spielende Kinder, einige mutig badende junge Erwachsene, eine Gruppe veranstaltet gerade einen spontanen Wettlauf, drei Fehlstarts dann geht es los mit viel Gelächter. Bei der zweiten Runde starten Mädchen und Kinder, eine junge Frau hat einen Sarong um, der sich im Laufen öffnet und ihren nackten Leib umflattert. Sie merkt es, geht nach einigen weiteren Sprüngen auf die Knie, rafft ihr Gewand um sich und sieht sich verlegen um.Ich schaue ihr in die Augen, lächele anerkennend weil sie schön ausgesehen hat und ich ihre Verlegenheit gesehen habe, sie lächelt zaghaft, dann erleichtert und sogar etwas frech zurück, der Augenblick ist kurz, wir gehen weiter. Zwei Farbige auf Quads knattern unter lautem Getöse am Strand entlang, man kann sie schon aus 3 Km Entfernung hören, mit Rastalocken und ach so coolen Sonnenbrillen, diese Typen sind mir wirklich entbehrlich.In der Stadt finden wir ein Hotel, unser Zimmer hat einen Balkon und bietet den Blick zum Hafen, Abendessen wieder an der Waterfront, überwiegend weißes Publikum, ruhige Atmosphäre, gutes Steak und gutes Bier. Nachts ist die Stadt noch ruhiger, wenige Menschen auf der Straße, und die sind freundlich, einen gute Nacht Gruß bekommt auch der fremde Gast.