10.12.2007 Klein Aus Vista bis Soussusvlei
Bis 09:00 geschlafen. Reichliches Frühstück, auf dem Weg zum Haupthaus steht ein großer Mimosenbaum, aus der Entfernung sieht er aus als habe er lauter weiße Blüten. Aus der Nähe besehen sitzt der Baum voller weißer Schmetterlinge, die so zahlreich sind, dass sie wie ein Blütenkleid wirken.
Die Piste geht durch das Hochland an Helmeringhausen vorbei, über Batte nach Sesriem, teils bergig, dann wieder Hochplateaus, immer Sand und Schotterpisten häufig mit Querrillen, die nur bei hoher Geschwindigkeit erträglich sind. Das Steuern des Wagens bei 100 Km/h auf Schotter und Sand erinnert ein wenig an das Rudergehen an Bord: auch hier Abdrift, Querversetzung durch Sandhaufen (statt Wellen), verzögertes Ansprechen der Lenkung, vorausschauend müssen die Senken und Spurrillen einkalkuliert werden, so als seien dies Wellen und Böenstreifen.
Die Farben der Landschaft wandeln sich häufig; braun, rot, ocker, zartgrün, gelb, gelegentliche Farmen, deren Land zu durchfahren uns jeweils viele Kilometer weit führt. Wilde Tiere sichten wir nur wenige, einige Strauße, Oryx Antilopen, Zebras soll es auch geben, aber uns begegnen keine. Relativ dichte Weidewirtschaft, Rinder, große kräftige Tiere, schwarz- weiße Ziegen in großen Herden und natürlich auch Schafe. Häufig finden sich in den Bäumen am Straßenrand große Vogelnestsiedlungen aus Heu gewoben, aus der Entfernung sehen die aus als habe jemand einen Ballen Heu in dem Baum gestapelt. Diese Gebilde mit vielen einzelnen Höhlen sind die Wohnsiedlungen von Webervögeln. Eine andere Art bevorzugt Einzelbauten, die dann als faustgroße ovale gelbe Gebilde im Wind sich wiegend an den Ästen hängen.
In der Nähe von den Akazien finden sich auch häufig Windräder, Tränken und Ansiedlungen. Uns wurde erzählt, dass dort wo diese Bäume wachsen, das Grundwasser nicht tiefer als 4 Meter stünde; verantwortlich dafür sind vertikal angeordnete darunter liegende Gesteinsstrukturen die wie Dochte das Grundwasser, das andernorts erst bei 90 Meter Tiefe angetroffen wird, an die Oberfläche ziehen.
Und dann immer wieder die Weite des Landes, in der der nächste Nachbar manchmal 50 Km weit weg wohnt, die Straße mancherorts 20 Km weit in der Ebene bis zum Ende eines Plateaus einsehbar ist, und wo wir an einem ganzen Tag der Fahrt nur 5-7 anderen, immer weite Staubfahnen hinter sich her ziehenden Wagen begegnen. Der freundliche Gruß mit der Hand gehört zu diesen Begegnungen, so als kennen wir uns und freuen uns über die Begegnung. Wir sind das einzige Fahrzeug ohne 4x4, der kleine rote Golf, Modell vor dreißig Jahren, eignet sich hier garantiert nicht für anonymes Reisen. Aber wir kommen überall durch, ein Allradantrieb ist derzeit bei trockener Piste entbehrlich.
Im Grenzbereich zur Namibwüste, wird die Landschaft noch weiträumiger, karger, die erkennbaren Grenzen der Farmen noch viel weiter, nur wenige Grasbüschel wachsen hier pro Quadratmeter, dann nur noch einer oder zwei. Kurz vor dem Erreichen des tiefer liegenden Namib- Wüstenbereiches durchfahren wir noch ein trockenes Flussbett, in dem eine roter wirbelnde Sandwolke über die Piste zieht, eine Windhose kreuzt unseren Weg. Nicht gefährlich, nur schön anzusehen und eine Erinnerung daran, dass diese Gegend zu anderen Zeiten eben auch recht garstig und gefährlich sein kann.
Sesriem ist noch 60 KM von Soussusvlei entfernt, dort beginnt der Nationalpark. Bis dahin gab es nur Sandpiste, die 60 KM in den Park hinein wieder Asphalt, der Eintritt kostet auch 170N$.
Dicht am Eingang zum Park findet sich eine luxuriöse Lodge, in der wir einen Zeltbungalow beziehen, ziemlich teuer, kostet für uns beide für eine Nacht DBB 2100N$, für diese Summe können wir andernorts mehrere Tage angenehm unterkommen. Nur an diesem Platz gibt es entweder Luxus oder gar nichts, und für gar nichts fehlt uns die Ausrüstung. Trotz dieser Einsicht: Alex fühlt sich durch den Luxus –und den zu zahlenden Preis- so gestört, dass sie das gebotene nicht wirklich genießen kann.
Die Anlage ist zur Steppe hin offen, am Abend sehen wir Antilopen, einen Schakal sowie einen Strauß der wie ein tierischer Hausmeister eine Inspektionsrunde mit wichtig wippenden Hals durch das Gelände macht. Der Sternenhimmel ist vom Wasserturm auf dem Gelände fast blendungsfrei zu sehen, die Milchstraße schimmert mit einer Intensität, wie sie in Nordeuropa fast nicht mehr zu sehen ist.
Nach dem Durchqueren des Gates, wird die Landschaft schnell trockener, die wenigen Strauße und Antilopen nur noch in der Entfernung zu sehen. Die Dünen verengen das lang gestreckte Tal immer mehr ein, die Landschaft wird fast abstrakt graphisch mit den scharfkantigen geschwungenen Dünenkämmen, den roten , gelben, weißen, ockerfarbigen Flanken und Senken, deren Farben sich scharfkantig abgrenzen, entsprechend dem unterschiedlichem spezifischen Gewicht der Sände, das den Wind dazu veranlasst, diese fraktioniert abzulagern. Hinzu kommen noch die Schattenspiele der morgendlichen Sonne.
Am Ende der Asphaltstraße befindet sich ein sandiger Parkplatz unter Schirmakazien, ab hier sind es noch 6 Km bis nach Soussusvlei, aber nur tiefer Sand, diesen Teil haben sie nicht asphaltiert, es gibt einen Shuttle-Service mit Allradfahrzeugen, die die Gäste in das Zentrum dieser Dünenlandschaft bringen sollen.
Wir entscheiden uns zu wandern. Ein wenig mühsam, der Sand ist staubtrocken und tief. Neben der Piste, wo die Autos ihre Reifen nicht in den Sand versenkt hatten ist der Grund manchmal salzkrustig fest und besser begehbar. Trockenpflanzen, Antilopendung, in den Senken weiße Salzflächen. Nach 4 Km verlassen wir die Piste und gehen querfeldein auf eine hohe nördlich gelegen Düne zu, deren Kamm über eine Flanke her gut ersteigbar erscheint. Davor öffnet sich eine weite Salzfläche, der eingetrocknete See von Soussusvlei, der nur bei den wenigen heftigen Regenfällen, die auch nicht jedes Jahr erfolgen sich füllt und beim Verdunsten eine jeweils neue Schicht festen Salzes hinterlässt. Wir wandern weiter, jetzt unbekleidet, außer uns ist niemand in der Gegend. Ein leichter Wind kühlt die Haut, Natur hautnah, an die Sonne sind wir gewöhnt und abends zeigt sich, dass wir auch so keinen Sonnenbrand abbekommen haben. Bilder für den Sinnenkalender haben wir versucht zu erstellen. Die überwältigende Kraft der Landschaft ist so groß, dass die menschliche Sinnlichkeit darin fast verschwindet, oder wird sie darin eins, sich darin verlierend und dadurch eben auch erweiternd? Auf jeden Fall ist hier Bescheidenheit sehr angemessen.
Von der Düne aus öffnet sich ein grandioser Blick über die rote Dünenlandschaft, den Salzsee, seinen Bäumen und der Fernsicht, die vom Tal aus noch nicht einmal erahnbar ist. Unten ist durch das Fernglas der Parkplatz zu erkennen, fast keine Fahrzeuge und die wenigen Touristen hocken unter einem Schatten spendenden Baum für einen Imbiss. Vor vielen Jahren war ich schon einmal hier, damals wurden die Besucher in Jeeps quer durch die Dünen gefahren, mit großer Geschwindigkeit über die Salzebenen chauffiert, dies wurde Gott sei dank abgestellt, wer jetzt etwas abseits erleben will muss sich schon selber mühen. Und die Mühe lohnt sich.
Diese Landschaft wirkt atemberaubend, es ist schwer für sie passende Worte zu finden.
Es wird noch drei Tage dauern bis ich mich mit den Bildern so auseinander setzten kann, dass wenigstens dieser Text entstehen kann.
Am Nachmittag gehen wir nicht wieder in die Lodge, sondern fahren die 260 Km nach Maltahöhe, wieder eine ziemlich ruppige Piste. Der Aufstieg zum Pass an der Kante zum Hochland ist von landschaftlicher Wildheit, hier wird prima vista klar, wieso sich der Kontinent so lange der Entdeckung im Inneren hat sperren können.