Mußestunden und Tage vor Anker, klares Wasser, Regenwald, Wasserfälle, Ankerbuchten
Erste Begegnung mit der Karibik
Seit elf Tagen liegen wir vor Tobago in der Store Bay vor Anker. Tage, die mal wieder wie im Fluge vergingen, Tage
an denen wir dachten, nun es ist an der Zeit weiter zu ziehen, dieses oder jenes zu tun, doch dann kam wieder Petrus, eingehüllt in dichte Regenwolken den tropischen Regenwald der Insel nährend, und wir bleiben an Bord, zufrieden, denn eigentlich wollen wir ja noch gar nicht weiter… Also nutzen wir die Zeit die Maschenweite des Gedächtnisnetzes durch Schreiben ein wenig enger zu knüpfen, denn im Gegensatz zu den Fischen werden die Gedanken, die durch dieses Netzt schlüpfen weder größer noch schöner.
Zwei Touren über die Insel haben wir mit einem zuverlässigen Suzuki Allrad Wagen unternommen, bewährt seit 215000 Originalkilometern, und diese offensichtlich mit dem ersten Reifensatz. Wunderschön neu und rot lackiert,
eine Freude fürs Auge, wie überhaupt die Farbenpracht dieses Landes an Blüten, Gebäuden, Kleidung und Autos in Auge fällt.
Chromblitzende Felgen zieren auch ältere Modelle, jedes Dorf hat eine Werkstatt, die auf deren Montage spezialisiert ist, Mädels mit gleich dutzendfachen bunten Schleifen im Haar beleben das Straßenbild, während die Männer ihrer Rasterpracht bei der Arbeit in sackartigen Mützen verpackt tragen. Vor zehn Jahren soll es sie fast noch nicht auf der Insel gegeben haben, doch heute gibt es viele Autos, die Straßen sind meist asphaltiert, der Sprit ist billig, Diesel für ca. 20 Eurocent; doch ansonsten ist das Leben an Land nicht billig, die Lebensmittelpreise sind doch in etwa auf heimisch europäischem Niveau. Kinder gibt es hier im Gegensatz zu Europa deutlich mehr als Autos, unter der Woche in strengen sauberen Schuluniformen, die Mädels Blau und Weiß, die Buben in mehr praktisch-militärischem Khaki. Ca. zwanzig % der Bevölkerung sind jünger als 14 Jahre alt, zum Vergleich: dieselbe Altersgruppe macht in Österreich nur vierzehn % aus, und das mediane Alter ist mit 35 Jahren auch um zehn Jahre geringer als in Nordeuropa. Und doch hat sich hier in den letzten Jahren etwas drastisch geändert : mit dem zunehmenden Wohlstand hat auch das Bevölkerungswachstum aufgehört. Tobago und Trinidad sind eine Nation, Trinidad das ökonomische Zentrum und Tobago mehr die Schöne, die Entspannten, das älteste Naturschutzgebiet der Erde, das Tobago Forrest Reserve befindet sich hier, 1765 von einem Engländer gegründet.
Dort lassen wir unseren bunten bewährten Freund stehen und wandern auf einem schlammigen Pfad zwei Stunden durch den Regenwald, nur kurz kann der Blick schweifen denn die Vegetation ist dicht mit baumartigen Farnen, riesigen Laubbäumen deren Namen wir nicht kennen, eindrucksvollen Bambus Dickichten. Und auf allen älteren Bäumen wachsen andere Pflanzen, sich rankende, blühende, kleine Farne, jeder Baum ein vielfältiges Biotop. Einige Vögel sind zu hören, nur wenige zu sehen, dafür müssten wir früh am Morgen oder am späten Nachmittag unterwegs sein, doch nun ist es Mittagszeit. Bäche und erfrischende kleine Wasserfälle liegen am Pfad, Echsen eilen in die Deckung wenn wir uns nähern.
Ein Guide begegnet uns, er führt ein blasses, mürrisch dreinblickendes junges Paar, die Haare strähnig vom inzwischen eingesetztem Regen der in den wie Regenrinnen herabhängenden Mundwinkeln aus den Gesichtern fließt. Der Guide hat strahlende Augen, grüßt uns freundlich und mit einem deutlichen Seitenblick sagt er, dass Regen doch für den tropischen Regenwald notwendig sei, ganz unserer Meinung zumal der Regen warm ist, hey, was wäre denn Regenwald mit immer scheinender Sonne? Eine Bemerkung die uns einen schiefen Blick von dem Mädel einbringt, da haben wir ihre Stimmungslage ganz offensichtlich nicht getroffen.
Nur der Süden von Tobago ist flach, ansonsten ist das Gelände von Küste zu Küste bergig, die Straßen winden sich um jede Ecke , keinerlei Straßenbrücken mindern den engen Radius der kurvenreichen Verbindungen zwischen den Dörfern. An der Westseite der Insel liegen die geschützten Buchten, die von den Seglern gerne aufgesucht werden; noch ist keine Hauptsaison, die wird erst in zwei Wochen beginnen, so sind die Buchten nur wenig besucht, rund um die gesamte Insel sind derzeit nur ca. 30 Yachten unterwegs.
Nicht alle Buchten sind von Land her erschlossen; die King Peter Bay mussten wir natürlich aufsuchen obwohl der Weg dorthin ohne Geländewagen unmöglich gewesen wäre.
Dunkler, fast schwarzer feiner Sandstrand, ein einmündender Bach und natürlich keine Menschenseele weit und breit belohnen unsere Müh. Die Bucht ist allerdings recht eng und zwei Felsenriffe sind im Eingangsbereich erkennbar, dort werden wir von See aus kommend sicherlich nicht einlaufen, also genießen wir diese Badebucht, ihr klares Wasser und das farbige, rundgeschliffene Strandgut lieber gleich.
Eine Bucht weiterfinden wir eine kleine Bananenplantage, deren Besitzerin uns eine Staude direkt aus der Plantage hackt.
Unser Ankerplatz in Store Bay ist bei Seglern beliebt. Man liegt recht sicher, es gibt eine Strandbar, und John hat dahinter seinen „Store Bay Marine Services“, global experience and local knowledge verspricht er. WLAN, Wäscherei, technischen Service bietet er an, Wasser und Diesel gibt es in Kanistern. Für den Einkauf müssen wir drei Kilometer weit laufen , dort gibt es einen gut sortierten Supermarkt, „Pennysavers“, wer nicht laufen oder gar schleppen mag hält einfach den Daumen raus, die Fahrer halten sofern sie Zeit und Platz haben alle an und nehmen – allerdings entgeltlich - gerne mit. Voll beladen müssen ca. drei Euro die Fuhre retour zahlen.
Vor Anker liegen an die acht Schiffe, überwiegend – doch wohl eher zufällig - Südafrikaner mit denen wir gut ins Gespräch kommen. Russel, Corinne mit Tochter Bresa kommen auch mit ihrer Moonwalker, Sabine auf ihrer Amel, eigentlich segelt sie derzeit solo, aber seit einigen Tagen hat sie einen Freund, genannt Red Eye, ein fröhlich lachender Einheimischer, schwarz wie die Nacht, wie die meisten der Insulaner.
Wer will kann hier rund um die Uhr Gesellschaft haben, wir freuen uns über die Kontakte, aber den größten Anteil unserer Zeit verbringen wir an Bord,
Lesen , Schreiben, in den Regen schauen, Schwimmen, die Sonne genießen, das Unterwasserschiff mit der Bürste reinigen, die Twiga muss wie ein Pferd regelmäßig gestriegelt werden, sonst wird sie in dem fast 30 Grad warmen
Wasser schnell struppig, nach wenigen Tagen der Vernachlässigung beginnt der Algenbart zu wachsen, die Pelikane beobachten, die auf einem Nachbar Boot wohnen, flach über das Wasser segeln und hier nur so zum Vergnügen und
zur Ruhe sich aufhalten, gefischt mit einem dramatischen Sturzflug ins Wasser wird dort wo in der Nähe der Riffe mehr Fische dicht unter der Oberfläche sind, denn tief tauchen können diese wunderbaren Tiere nicht. Natürlich muss auch ein Strandspaziergang sein, die schiefen Palmen haben auch für uns noch nicht den Flair der Südsee Exotik verloren.
Zum Schnorcheln an den Riffen sind wir noch nicht gekommen, hat ja für uns auch noch keine Eile.