Gemütlichkeit im Hafen der Reeder
Inousses
Inousses, eine kleine langgestreckte Insel, die den Steno Sakiz, das Gewässer zwischen Chios und dem türkischen Festland nach Norden so weit begrenzt, dass dieser fast wie ein Binnengewässer erscheint, vermittelt eine eigenartige Stimmung. Die Hafenstadt Mandraki zieht sich mit ihren wohlhabenden Wohnhäusern den Hügel hinauf, ocker, weiß, und blau sind die Mauern, die Dächer mit flach gehaltenen Ziegeleindeckungen versehen, die Fenster mit bunten Läden meist verschlossen. Schon aus der Ferne leuchtet dieses Ensemble in der mittäglichen Sonne, wir kreuzen unter Reff gegen 6 Beauforts in der kabbeligen See auf.
Der Hafen liegt in einer bestens geschützten Bucht, die von drei kleinen Inseln abgeriegelt wird, zwischen denen keine Passage möglich ist, so flach wird es dort. Eine ideale Lage, das Hafenwasser wird ständig erneuert und dennoch ist sicherer Schutz vorhanden. An der Pier ist noch ein Platz für uns frei, Mooringe liegen keine aus, obwohl damit wesentlich mehr Yachten hier anlegen könnten; doch darauf scheint hier keiner Wert zu legen, nicht aus Unfreundlichkeit, sondern weil die Mühen Geld zu verdienen eher störend erscheinen. An der Pier gibt es gut gepflegte Kästen für Strom und Wasser zur freien Selbstbedienung, ein offenes WLAN geistert durch den Hafen, das allerdings nur mit einem Trick zu empfangen ist. Bernd vom Katamaran „M&B" hat sich einen WLAN USB Stick gekauft und diesen in das Zentrum eines feinen Metall-Küchensiebes gehängt. Diese Konstruktion hängt er an den Baum, sie wirkt wie ein üppiger Verstärker mit dem er auch schwache Signale bestens empfangen kann.
Einige Fischer sind im Hafen, wenige Yachten, es geht ruhig zu. Die Tavernen an der Hafenfront sind morgens und abends mit Männern jedes Alters gefüllt, nur während der heiligen Siesta ruhen sie anscheinend zu Hause vom Kaffee trinken, Ouzo schlürfen, rauchen und sehr wichtige Alltäglichkeiten bedeutungsvoll zu erörtern aus. Frauen sind nur am Abend bei der familiären Promenade zu sehen. An einem Haus wird gearbeitet, ein großer Balkon wird mit Presslufthämmern abgerissen, doch dies ist die einzige Arbeit, die wir in den zwei Tagen auf der Insel beobachten konnten. Die Insel ist relativ reich ohne dass dafür auf der Insel viel gearbeitet wird, ein Umstand der der türkischen Besatzung zu verdanken ist: während der Revolution 1821 flohen die meisten der Bewohner in andere Teile Griechenlands und kamen erst 1827 zurück, wurden jedoch von den Türken mit so drastischen Steuern überzogen, dass sie ihren Lebensunterhalt nicht alleine auf der Insel verdienen konnten. Die jungen Männer gingen zur See und da unter ihnen unternehmungslustige Seeleute waren, die sowohl ihre Seemannschaft als auch das kaufmännische Handeln beherrschten, wurden einige von ihnen reiche Reeder, die noch heute ihren Wohnsitz dort haben, obwohl sie ihre Geschäft von New York, London und Athen aus tätigen. Dieser Reichtum ist es, der aus der Not geboren noch heute das nötige Geld hereinfließen lässt. In der Abendsonne leuchten die Häuser, die blauen Kandelaber, die gelben Poller, Angler bauen ihre Rutenhalter auf, Kinder spielen lebhaft, dies ist keine überalterte Insel. Und dann kommt zu unserer Überraschung mit einem herzlichen „Hallo,das ist doch die Helga, wo kommt ihr denn her!" Dine und später auch Willi von der SY „Silverbird" zur Twiga angelaufen, wir hatten die beiden vor einigen Wochen an Land bei einer Wanderung bei Kekova getroffen. Die beiden sind aus Wien, jedoch so viel unterwegs, dass sie die Heimatstadt auch nur selten sehen. Außer der Überraschung hier auf Freunde zu treffen, bietet die Inseln noch eine hügelige Landschaft mit zahlreichen Buchten von denen einige nur zu Fuß oder mit dem Schiff zu erreichen sind.
Wanderung zum Frauenkloster
Eine lange Wanderung führt uns zunächst an die Westseite, dann in den Norden der Insel. Duftender Thymian, Ziegen, dichtes dorniges Gestrüpp, Olivenbäume, kleine Nadelwälder, blühender Oleander und weite Blicke über die Küste und das Meer lassen uns mit zufriedener Freude genießen. Ein sehr gepflegtes Nonnenkloster liegt im Nordwesten, es wurde erst vor 40 Jahren im orthodoxen Stil errichtet, so als sei es schon einige hundert Jahre alt, jedoch zu geleckt, etwas überzogen in der Bauart, so als wolle der Architekt durch die Überlast von Bögen Erkern und Türmchen, durch die all zu prächtig geschwungenen Ziegeldächer das mangelnde Alter ausgleichen, eine Art klerikaler Zuckerbäckerstil. Auch hier hat der Reichtum der Reeder mit gewirkt: Ein reicher Reeder erkrankte irgendwann Ende der fünfziger Jahre an Krebs, seine Tochter betete für ihn und das Wunder geschah: der Reeder gesundete anscheinend, während seine Tochter an Krebs erkrankte und verstarb. Die fromme Mutter gründete das Kloster, deren Äbtissen sie sogleich auch wurde. Die Tochter wurde, wie üblich nur mit einem Leinentuch bedeckt beerdigt und einige Jahre später wieder exhumiert, auf dass ihre Gebeine in der Gebeinkammer ruhen können. Jedoch- noch ein Wunder - ihre Leiche war unversehrt mumufiziert. So wurde sie als Heilige angenommen und in einem Glasschrein im Nonnenkloster zur frommen Erbauung ausgestellt. Der Vater wurde auch Mönch, verstarb jedoch dann doch an dem ursprünglichen Krebs. Die Besichtigung dieses Klosters und den nekrophilen Schauer lassen wir aus, Willi hatte erzählt, wie sie eher abweisend denn gastlich zur Besichtigung eingelassen wurden, er bekam eine ausgeleierte Trainigshose ausgehändigt, da seine Shorts kurz oberhalb der Knie endeten, ein Anblick, der die Sittlichkeit der Nonnen irritiert. Früher war Männern das Betreten des Klosters überhaupt verboten. Das Kloster liegt am Berghang eines Tales, das landwirtschaftlich zur Selbstversorgung genutzt wird. Auf den Hügeln drum herum stehen zwei Wasserreservoire, das eine verbunden mit einer kleine Kirche, das andere gekrönt mit einer Votivkapelle sowie einem mächtigen Kreuz aus Stahlbeton, das den höchsten Punkt ziert, von dem sich ein herrlicher und völlig einsamer Blick über Land und Meer genießen lässt.Einige Kalenderphotos entstehen, in der Kühle des Schattens trocknet der Schweiß von der Haut, Zeit für Zärtlichkeiten und Begehren.
Einen weiteren Tag verbringen wir in der Ruhe und Gelassenheit dieses so völlig unaufgeregten Ortes. Maxi und Bernd liegen mit ihrem Cat in der Bucht vor Anker, sie gehen an den die Pier und besuchen uns, wir hatten uns schon letztes Jahr in Pylos auf der Peleponnes getroffen. Sie arbeiten auch nicht mehr so richtig, sind in unserem Alter und genießen ihre Freiheit herum vagabundierend.
Parasail - Freuden
Am Dienstag, den 7.7. hoch um 06:30, was schwer fällt, denn der Abend wurde mit Maxi und Bernd unterhaltsam ,lang und dazu Ouzo und Bier. Doch draußen auf dem Meer wird der Kopf schnell wieder klar, der Wind kommt mäßig und von der Seite, das Parasail steht wie eine Eins und bei zwei bis drei Windstärken brauchen wir knapp 10 Stunden für die 37 NM nach Skala Loutra auf Lesbos. Segeln vom Feinsten! Mit allen Sinnlichkeiten und Freuden, die uns zeitweise aus dieser wundervollen Natur wegfliegen lassen, Zeit und Raum unwichtig werden lassen, fast ein Wunder dass wir immer wieder heil landen -zwei Meilen weiter nördlich als wir abhoben, zurückgebeamt in die Plicht, während der leichte Wind die schweißglänzende Nässe in kleine glitzernde Salzperlen auf der braunen Haut verwandelt. Nur das Rauschen der Bugwelle ist zu hören, der Wind trägt gelegentlich leise die Geräusche eines fernen Frachters zu uns hin, der salzig frische Geruch des Wassers wird erst in Landnähe durch den Duft der Küste, der Kräuter der Berge überlagert. Das Meer ist wie leergefegt, fast keine Schiffe, keine Yachten außer unserer Twiga, erst kurz vor Lesbos begegnen wir zwei anderen Booten.
Lesbos
Die Passage nach Skala Loutra im Golf von Yeras machen wir unter Maschine, denn das Fahrwasser ist eng. Der Anker fällt an gleicher Stelle wie vor einem Jahr, weniger aus Gewohnheit, sondern weil es dort einfach sehr schön ist, mit dem kleinen flachen Strand, den Olivenhainen, den Ziegen, dem verrostenden Wrack eines kleinen türkischen Frachters und jenseits der Bucht den nächtlichen Lampen des fernen Ortes, die schwach eine Orientierung gebend dennoch die Sterne nicht spürbar verdunkeln, es ist fast Vollmond, eine helle Nacht. Ein Fischer hat uns fangfrischen Fisch verkauft, das Kilo für 5 Euro, ein Teil wird gebraten, der andere Teil wird zur Fischsuppe mit reichlich Gemüse, die wir einfrieren, zwei Mahlzeiten ergibt das noch zusätzlich. Die Strecke nach Ayvalik müssen wir zum größten Teil unter Maschine zurücklegen, fast kein Wind und wenn dann von vorne. Ayvalik bedeutet Arbeit: zur Bank, Bettwäsche, Handtücher, Klamotten waschen, zum Zoll, zur Polizei müssen wir um auszuklarieren, denn diesmal werden wir die Türkei für einige Monate verlassen.